DESY: Mögliche Frühdiagnose von Parkinson

Magnetresonanz-Imaging zeigt Eisenverteilung in Hirn-Regionen

Der Botenstoff Dopamin ist vor allem bekannt als Glückshormon, der im Belohnungssystem des Gehirns unsere Motivationskraft steuert. Der Neurotransmitter fungiert jedoch auch als Schmieröl für unsere Feinmotorik und hat eine zentrale Rolle bei der Steuerung von Muskelbewegungen. Sterben Dopamin-produzierende Nervenzellen ab, kommt es bei Betroffenen zu Bewegungsstörungen wie Zittern oder Muskelsteifheit. Die Diagnose: Parkinson-Krankheit. Als Grund für das Absterben der Nervenzellen vermuten Forscher:innen zu hohe Eisenkonzentrationen im Gehirn.

Lokale Eisenverteilung (rot) im Hirngewebe: Mithilfe von Röntgenfluoreszenzmessungen an DESYs brillanter Röntgenlichtquelle PETRA III konnten Forschende die Eisenkonzentrationen in Nervenzellen der Substantia Nigra (Region im Hirnstamm) abbilden.
Lokale Eisenverteilung (rot) im Hirngewebe: Mithilfe von Röntgenfluoreszenzmessungen an DESYs brillanter Röntgenlichtquelle PETRA III konnten Forschende die Eisenkonzentrationen in Nervenzellen der Substantia Nigra (Region im Hirnstamm) abbilden. Die Zellkörper der Dopamin-produzierenden Nervenzellen weisen eine sehr hohe Eisenkonzentration auf (in gelb: Farbüberlagerung von rot (Eisen) und grün (eingefärbte Neuronen)). (Bild: E. Kirilina, Department of Neurophysics, MPI for Human Cognitive and Brain Sciences, Leipzig, Germany)

Ein Forscherteam aus Deutschland und Großbritannien­­­ konnte nun ein Verfahren entwickeln, mit dem sich die Eisenkonzentration in den betroffenen Regionen ermitteln lässt. Unter Beteiligung der DESY-Forscher Gerald Falkenberg und Dennis Brückner konnte das Team um Evgeniya Kirilina vom Max-Planck-Institute für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig mithilfe von DESYs brillanter Röntgenlichtquelle PETRA III aus MRI (Magnetresonanz-Imaging)-Messungen von Zellen mögliche toxische Eisenkonzentrationen ermitteln. Die Arbeit könnte zur Entwicklung von Frühdiagnosen für die Parkinson-Krankheit beitragen.

Die Parkinson-Krankheit ist eine der häufigsten Erkrankungen des Nervensystems, allein in Deutschland sind etwa 400 000 Menschen betroffen. Die Krankheit ist bisher nicht heilbar. Grund für die parkinsontypischen Symptome sind geschädigte Nervenzellen in der Substantia Nigra, einem Bereich im Hirnstamm. Kaputte oder abgestorbene Nervenzellen stellen nicht mehr genug oder gar kein Dopamin mehr her – durch den Dopaminmangel ist die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen gestört.

Zur Dopaminproduktion in den Nervenzellen wird Eisen benötigt, entsprechende Nervenzellen in der Substantia Nigra sind daher sowohl für Eisenmangel als auch für Eisenüberschuss anfällig. Zu viel intrazelluläres Eisen kann giftig sein, was zur Degeneration und zum Tod der Nervenzellen in der Substantia Nigra führen. „Durch Eisen verursachter oxidativer Stress gilt als mögliche Ursache für das Absterben der Dopamin-produzierenden Nervenzellen“, sagt DESY-Forscher Gerald Falkenberg, Leiter der Strahlführung P06 an DESYs Forschungsröntgenquelle PETRA III. „Deshalb haben wir nach Methoden gesucht, die Eisenmenge und -verteilung im Gehirn im Verlauf des Lebens zu messen.“ Dies solle perspektivisch auch in Krankenhäusern bei Patienten möglich werden, so Falkenberg.

Welche Eisenmengen beim Menschen krankhaft sind, wissen Forscher:innen noch nicht, und auch der Verlauf des zellulären Eisenspiegels im Laufe des Lebens wurde bisher noch nicht untersucht, vor allem weil bisher entsprechende Methoden fehlten. Nur für hohes Alter gibt es Ergebnisse aus Untersuchungen an menschlichem Zellgewebe.

Wie die Forscher:innen in der Fachzeitschrift „Physical Review X“ berichten, gelang es nun erstmals durch den Vergleichvon speziellen MRI (Magenetresonanz-Imaging)-MessungenmitRöntgenfluoreszenz-Messungen an DESYs hochbrillanter Röntgenlichtquelle PETRA III ein Verfahrenzu entwickeln, mit dem sich die Eisenkonzentration in einzelnen Zellen aus postmortalem Hirngewebe mit hoher Präzision und Spezifizität bestimmen lässt. Die Strahlführung P06 bietet dafür ideale Bedingungen: „Der mikroskopisch kleine Strahl – kombiniert mit einer sehr hohen Photonenzahl ­– ermöglicht eine hohe Messgenauigkeit“, sagen Falkenberg und Brückner. „So konnten wir in kurzer Zeit viele Messungen an mehrere Millimeter großen Proben durchführen.“ Das Ergebnis: Die Eisenkonzentration in den Zellproben stieg von 70 ppm kurz nach der Geburt auf 400 ppm im höheren Alter. Die Konzentrationsangabe ppm – parts per million – entspricht 1 Milligramm pro Liter. Das meiste Eisen lag dabei in Form von neurotoxischen Einzelionen vor.

Dem Forscherteam gelang es damit erstmals, MRI-Daten zu möglichen toxischen Eisenkonzentrationen im menschlichen Dopaminsystem zuzuordnen. So könnten Mediziner:innen zukünftig durch konventionelle MRI-Untersuchungen im Krankenhaus die Eisenverteilung in den Hirnneuronen lebender Patient:innen ermitteln, und die mögliche schädigende Eisenanreicherung verfolgen. Das Ziel: Im sich entwickelnden Gehirn von Jugendlichen oder Erwachsenen frühzeitig Abweichungen von normalen Werten erkennen. Eine solche Methode könnte zukünftig bei der Frühdiagnose der Parkinson-Krankheit helfen.

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