Medizinisches Expertensystem (MCEA) wird gefördert

Künstliche Intelligenz aus Lübeck sorgt für Fortschritte im Gesundheitssystem

Noch ist es Zukunftsmusik, aber schon bald könnte die alltägliche Arbeit in Arztpraxen ganz anders aussehen, als wir es bisher kennen: Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen könnten dann - zusätzlich zu Ihrer jeweiligen Fachexpertise - im PC gebündelt nachlesen, welche Daten ein lernendes System als relevant für den jeweiligen Fall betrachtet und welche Empfehlungen es geben kann. Medizinische Wissensstrukturierung über Fachgrenzen hinweg wäre mit einem solchen System möglich.

Der Chef der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein, Dirk Schrödter, überreicht den Förderbescheid an die zahlreichen Beteiligten des interdisziplinären Projekts MCEA. (Bild: ©Universität zu Lübeck)

MCEA steht für „Medical Cause and Effects Analysis“

Geforscht wird daran in Lübeck. Das Land Schleswig-Holstein unterstützt das Projekt „Medical Cause and Effects Analysis“ (MCEA) mit 2 Millionen €. Es ist ein weiteres Projekt der Universität zu Lübeck, das die Bereiche KI und Medizin disziplinübergreifend weiter zusammenführt. Zugriff auf relevante Maschinen- und Falldaten von Patientinnen und Patienten, Studien oder medizinische Leitlinien: auf all diese Informationen sollen behandelnde Ärztinnen und Ärzte mit einem Klick Zugriff haben – unterstützt von lernenden Maschinen.

Klassische Systeme dieser Art basieren nur aus Informationen und Daten aus der direkten Umgebung des isolierten Anwen­dungsfalles, weshalb keine interdisziplinären und komplemen­tären Wissensquellen betrachtet werden. Um fachlich wertvolle Handlungs­empfehlungen im medizinischen Bereich unterbreiten zu können, sind allerdings diese inter­disziplinären Daten notwendig. Hier setzt das Projekt MCEA aus Lübeck an. Staats­sekretär Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holstein ist überzeugt: „Künstliche Intelligenz ist längst in un­serem Alltag angekommen- ob bei der Fahrunterstützung im Auto, beim Sprachassistenten in unserem Wohnzimmer oder bei Suchmaschinen auf dem Laptop. In seinen Auswirkungen ist dieser Megatrend der Digitalisierung vergleichbar mit der Einführung der Dampfmaschine oder der Elektrizität. Der Universität zu Lübeck ist es gelungen, ein KI-Ökosystem im Bereich Medizin zu etablieren, das bundesweit Maßstäbe setzt. Wir sind sehr stolz darauf, diese Entwicklung aus dem KI-Son­dervermögen des Landes Schleswig-Holstein unterstützen zu können.“

Erforschung von Ursache-Wirkung-Zusammenhängen

Neben der Einbeziehung von interdisziplinärem Wissen ist auch die Verbindung von Expertensystemen mit den Algorithmen des Maschinellen Lernens ein Forschungsbereich von MCEA. Ursache-Wirkung-Zusammenhänge in Softwaresystemen werden dazu erforscht. So sollen Modelle entwickelt werden, die anschließend evaluiert und getestet werden sollen. Als erste praktische Anwen­dungsfälle kommen dann Infektionsüberwachung im Kranken­haus oder multimedikamentöse Therapien in Frage. Projekt­initiator Raimund Mildner bewertet MCEA als zukunfts­weisend: "Ich sehe MCEA als erfolgversprechenden Weg, durch die vorlau­fende Modellierung medizinischer Kausalität den derzeit ge­hypten Maschine Learning Methoden erst wirkliche Anwen­dungsrelevanz zu verschaffen. Nur hybride KI in medi­zinischen Expertensystemen wird größere Fortschritte im Gesundheitssystem hervorbringen."

Künstliche Intelligenz aus Lübeck

Künstliche Intelligenz soll Medizinerinnen und Mediziner so auch im diagnostischen Bereich bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen. Solch ein umfangreiches Projekt ist nur durch eine disziplinüber­greifende Zusammenarbeit möglich, bestätigt Prof. Thomas Martinetz, Direktor des Instituts für Neuro- und Bioin­formatik der Universität zu Lübeck und Sprecher des Zentrums für Künstliche Intelligenz Lübeck (ZKIL): „Wir haben gleich in der Nachbarschaft auf dem Campus die Firma Plato, die das führende Softwaretool für die Abbildung komplexer Zusam­menhänge in technischen Produkten wie Automobilen abbildet. Generals Motors zum Beispiel nutzt es weltweit. Mit MCEA wollen wir ausloten, inwie­weit dieses Tool auch komplexe Prozesse im menschlichen Körper abbilden und für die Medizin nutzbar gemacht werden kann.“

Interdiszplinäre Zusammenarbeit als Grundlage

Neben dem Zentrum für Künstliche Intelligenz der Universität zu Lübeck und der Plato AG sind insgesamt sechs Universitätsinsti­tute und sechs Kliniken des Universitäts­klinikums Schleswig Holstein (UKSH) in das Projekt als Partner involviert.

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