Europas größte Initiative zur Beschleunigung der Entwicklung von Therapien für COVID-19 und zukünftige Coronavirus-Ausbrüche – Universität Lübeck mit Projekt von Prof. Rolf Hilgenfeld beteiligt.
CARE (Corona Accelerated R&D in Europe), ein Konsortium, das von der öffentlich-privaten ‚Innovative Medicines Initiative‘ (IMI) gefördert wird, hat am 18. August 2020 seinen Start bekannt gegeben. Ziel des Konsortiums ist die Beschleunigung der Erforschung und Entwicklung dringend benötigter Medikamente zur Behandlung von SARS-CoV-2, dem Virus, das COVID 19 auslöst.
Die Universität zu Lübeck ist mit einem Projekt des Biochemikers und langjährigen SARS-Experten Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld an dem Forschungsverbund beteiligt.
CARE wird mit Mitteln von insgesamt 77,7 Millionen Euro durch finanzielle Beiträge der Europäischen Union (EU) sowie Finanz- und Sachbeiträgen von elf Unternehmen der ‚European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations‘ (EFPIA) und von drei ‚IMI Associated Partners‘ unterstützt. CARE ist auf fünf Jahre ausgelegt und bündelt die Arbeit von 37 Partnern aus Belgien, China, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Polen, der Schweiz, aus Spanien und den USA.
Das Konsortium wird von VRI-Inserm (dem französischen nationalen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung in Paris in Frankreich), Janssen Pharmaceutica NV, einem der Janssen-Pharmaceutical-Unternehmen von Johnson & Johnson (Beerse, Belgien), und der Takeda Pharmaceuticals International AG (Zürich, Schweiz) geleitet. CARE verbindet COVID-19 Projekte, die von den Partnern seit Februar 2020 gestartet wurden.
„Die COVID-19-Pandemie ist die größte globale Bedrohung für die Gesundheit der Menschheit in diesem Jahrhundert, zu deren Lösung die globale wissenschaftliche Gemeinschaft auf nie da gewesene Weise zusammenarbeiten muss“, so Professor Yves Lévy, Executive Director von VRI-Inserm und CARE-Koordinator.
„Dieses ambitionierte Projekt zeichnet sich durch die wissenschaftliche Exzellenz der teilnehmenden Teams aus. CARE vereint 37 Partner in einem Bündnis, in dem sie ihr Fachwissen und ihr Know-how im Rahmen eines ambitionierten Fünf-Jahres-Arbeitsplans zur Entwicklung von Therapeutika für die aktuelle COVID-19-Pandemie bündeln. Wir sind sehr dankbar für die finanzielle Unterstützung der Innovative Medicines Initiative mit der wir dieses Vorhaben umsetzen können.“
Lübecker Forscher bringen zwanzigjährige SARS-Expertise ein
Die beteiligte Lübecker Projektgruppe bringt ihre zwanzigjährige Expertise in der Strukturbiologie von Coronaviren ein. Sie stellt hochgereinigte Proben von Coronavirus-Proteinen bereit, um von den Projektpartnern entdeckte Inhibitor-Kandidaten zu testen und dreidimensionale Strukturen für das Wirkstoffdesign zu bestimmen.
"Wir haben bereits vor dem SARS-1-Ausbruch 2003 an Coronaviren gearbeitet. Die Coronavirus-Forschungsgemeinschaft war damals recht klein und wuchs im Laufe der Jahre nur langsam“, sagt Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld, der Leiter der Coronavirus-Gruppe am Institut für Molekulare Medizin der Universität zu Lübeck. „Wir freuen uns, dass innerhalb des CARE-Konsortiums die Zusammenarbeit mit vielen hochqualifizierten Kollegen aus Wissenschaft und Pharmaindustrie dazu beitragen wird, den Kampf gegen diese Viren zu beschleunigen."
Die Forscher des Lübecker Instituts für Molekulare Medizin sind auf RNA-Technologien und strukturelle Virologie spezialisiert. Das Projekt von Prof. Hilgenfeld wird mit 1,036 Millionen Euro aus den Mitteln des Konsortiums gefördert.
Tests der vielversprechendsten Arzneimittelkandidaten
Ohne einen zugelassenen Impfstoff und angesichts bisher begrenzter Therapiemöglichkeiten für COVID-19 bringt jeder weitere Tag der Pandemie mehr Neuinfektionen und Todesfälle. In CARE schließen sich die innovativsten und erfahrensten Wissenschaftler aus allen relevanten Bereichen mit einem einzigartigen Teamgeist zusammen und maximieren darüber hinaus Synergien und Komplementaritäten mit anderen Initiativen.
Dazu gehören der von der Gates Foundation unterstützte COVID-19 Therapeutics Accelerator, Monoclonal Antibodies against 2019-New Coronavirus (MANCO), Swift Coronavirus therapeutics Response (SCORE) und das Netzwerk European Clinical Research Alliance on Infectious Diseases (ECRAID). So soll die Suche nach Lösungen für die aktuelle COVID-19 Pandemie und künftige Coronavirus-Ausbrüche beschleunigt werden. Nach Labortests wird das Projekt die vielversprechendsten Arzneimittelkandidaten in klinischen Studien testen.
„Wir sind begeistert über den Start des CARE Konsortiums und die Zusammenarbeit mit anderen führenden Experten zur beschleunigten Entwicklung neuer Medikamente gegen SARS-CoV-2 und weitere Coronaviren, die potenziell Epidemien auslösen können“, fügt CARE-Projektleiter Marnix Van Loock, Senior Scientific Director und R&D Lead of Emerging Pathogens, Global Public Health bei Janssen Pharmaceutica NV, hinzu.
„Im Rahmen dieser Initiative werden wir die Erkenntnisse aus einer laufenden Zusammenarbeit zu COVID-19 mit dem zur KU Leuven gehörenden Rega-Institut für medizinische Forschung anzuwenden, um eine Bibliothek mit tausenden bestehenden Wirkstoffen auf eine mögliche Wirkung gegen das Coronavirus zu screenen.
Kumar Saikatendu, Ph.D., Director, Global Research Externalization bei Takeda: „Zu sehen, wie die besten Wissenschaftler Europas gemeinsam und mit solcher Dringlichkeit an der Lösung dieses komplexen Problems arbeiten, erfüllt uns mit Demut. COVID-19 ist eine einmalige wissenschaftliche Herausforderung für unsere Generation. Das Ziel von CARE ist die Entwicklung wirksamer Therapien mit einem positiven Sicherheitsprofil für aktuelle und künftige Coronavirus-Ausbrüche. Wir hoffen, dass wir in kurzer Zeit relevante Ergebnisse erzielen können.“
Umfassende kurz- und langfristige Reaktion auf COVID-19
CARE zielt darauf ab, wirksame Therapien mit einem positiven Sicherheitsprofil für die COVID-19-Pandemie zu entwickeln (Neupositionierung von Arzneimitteln) und neue Arzneimittel und Antikörper zu entwickeln, die speziell auf die Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus ausgerichtet sind.
Das Konsortium basiert auf drei Säulen:
Neupositionierung von Arzneimitteln durch Screening und Profilierung der von Partnern bereitgestellten Substanzbibliotheken mit dem Ziel, Moleküle schnell in fortgeschrittene Phasen der klinischen Testung zu bringen.
Neuentwicklung kleinmolekularer Arzneimittel auf Basis von in silico Screening und Profilierung von Kandidatensubstanzen für den Einsatz gegen SARS-CoV-2 und künftige Coronaviren.
Neuentwicklung virusneutralisierender Antikörper unter Einbeziehung vollständig menschlicher Phagen- und Hefe-Display-Bibliotheken sowie Immunisierung humanisierter Tiermodelle, Patienten-B-Zellen und in silico Design.
Verschiedene Projektmodule sind mit diesen Säulen eng vernetzt und konzentrieren sich auf die Optimierung von Kandidatensubstanzen durch ein umfassendes medizinisches Chemieprogramm, systembiologische Forschung und präklinische und klinische Evaluierung von Molekülen aus allen drei Säulen.
Im Rahmen des systembiologischen Moduls wird die virale Pathophysiologie untersucht, um das Zusammenspiel des Ablaufs der Virusinfektion und der menschlichen Immunreaktion besser verstehen zu können. Dabei werden Krankheitsmarker identifiziert, um die Therapieentwicklung zu unterstützen und das Design und Monitoring von Studien der Phasen 1 und 2, die neue, von CARE entwickelte Therapeutika untersuchen, zu verbessern.
CARE
CARE ist eine neue öffentlich-private Partnerschaft, in der Wissenschaftler aus Hochschulen, Forschungszentren, kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), Mitgliedsunternehmen der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) und IMI Associated Partners zusammenarbeiten.
Insgesamt besteht sie aus 37 verschiedenen Partnerorganisationen. Professor Yves Lévy von VRI-Inserm fungiert als akademischer Koordinator, Marnix Van Loock von den Janssen-Pharmaceutical-Unternehmen von Johnson & Johnson ist EFPIA-Projektleiter und Kumar Saikatendu von Takeda ist Co-Projektleiter.
Projektpartner sind elf akademische Einrichtungen (KUL, GUF, AMU, UzL UU, EDI-IVI, UHAM, UEDIN, TiHo, JU, LUMC), fünf öffentliche Forschungseinrichtungen (Inserm, CHUV, CEA, HZI, SERMAS) und sieben KMUs (IT, EVF, EXSCI, NUVISAN, SCIFEON, ENYO, AIB) sowie elf EFPIA-Mitglieder (Janssen, Takeda, Pfizer, ABBV, Boehringer Ingelheim, Merck KGaA, BAG, Novartis, Astellas, Servier und AiCuris) und 3 IMI2 Associated Partners (BMGF, UNIVDUN, GHDDI).
IMI
IMI ist Europas größte öffentlich-private Partnerschaft und verfolgt das Ziel, die Entwicklung besserer und sicherer Medikamente für Patienten zu beschleunigen. IMI unterstützt Kooperationsforschungsprojekte und baut Netzwerke mit Experten aus Industrie und Wissenschaft auf, um die pharmazeutische Innovation in Europa zu fördern. IMI ist ein gemeinsames Unternehmen der Europäischen Union und der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA).
Danksagung
Dieses Projekt erhielt Mittel aus der Innovative Medicines Initiative 2 Joint Undertaking (JU) im Rahmen der Zuwendungsvereinbarung Nr. 101005077. Die JU erhält Unterstützung aus dem EU-Forschungs- und Innovationsförderprogramm Horizont 2020 sowie von der EFPIA, der Bill & Melinda Gates Foundation, dem Global Health Drug Discovery Institute und der University of Dundee.
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