Neue Bildgebungsverfahren bei PETRA III sind der Schlüssel
Forschende von DESY, dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), der Chalmers Universität in Schweden und dem Paul Scherrer Institut in der Schweiz haben einen neuartigen multimodalen Bildgebungsansatz zur Untersuchung von Brustkrebsgewebe entwickelt
Mit Hilfe dieser Methode können die Forschenden gleichzeitig Informationen über die Nanostruktur des Tumors gewinnen und die in einer millimetergroßen Probe vorhandenen chemischen Elemente in allen drei Dimensionen quantifizieren. Die einzigartige Kombination von Forschungsmöglichkeiten bei PETRA III und neuen Analysemethoden ermöglicht diesen hohen Detailgrad.
Nach Angaben der WHO sind im Jahr 2020 weltweit 685 000 Todesfälle auf Brustkrebs zurückzuführen. In seiner frühesten Form ist er nicht lebensbedrohlich. Gelingt es den Krebszellen jedoch, sich im Gewebe weiter auszubreiten und nahe gelegene Lymphknoten oder wichtige Organe zu erreichen, kann diese Metastasierung tödlich sein. In einer kürzlich in Nature Scientific Reports veröffentlichten Pilotstudie wandte das Team diesen revolutionären bildgebenden Ansatz auf eine Brustkrebs-Probe an. Die Ergebnisse zeigen, wie Schlüsselmoleküle gemeinsam den Metastasierungsmechanismus beeinflussen. Dieser Durchbruch ebnet den Weg für eine gründliche Untersuchung der Metastasierung von Brustkrebs und verspricht neue therapeutische Ansätze und personalisierte Behandlungsstrategien, die letztlich das Leben der Betroffenen verbessern könnten, wenn sie früh genug erkannt werden.
Herkömmliche experimentelle Modelle sind oft unzureichend, da sie sich auf 2D-Zellkulturen oder Tiermodelle stützen, die die komplexen physikalischen Zusammenhänge nicht genau wiedergeben. Der in dieser Studie vorgestellte multimodale Bildgebungsansatz stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, weil er gleichzeitig morphologische und physiologische Informationen im Nanomaßstab aus realen Proben liefert und damit den Forschenden Informationen über die Form und Zusammensetzung von echtem Krebsgewebe liefert.
André Conceição, Erstautor und Beamline-Wissenschaftler an der PETRA III SAXSMAT-Beamline P62, betont: "Obwohl dieser Ansatz für Brustkrebs demonstriert wurde, lässt er sich auch auf andere Organe und Krankheiten anwenden."
Die Studie eröffnet Möglichkeiten für die weitere Erforschung der Metastasierung von Brustkrebs und der prä-metastatischen Nischen (PMNs). Die fortschrittliche multimodale Röntgentomographie kann komplementäre 3D-Darstellungen für verschiedene molekulare Subtypen von Brustkrebs erstellen. Sie hat das Potenzial, zur Entwicklung gezielterer und wirksamerer Strategien für Diagnose und Behandlung beizutragen.
Volkmar Müller, Professor für Gynäkologie am UKE und Mitautor der Studie, unterstreicht, wie wichtig es ist, die 3D-Architektur der Mikroumgebung des Tumors zu verstehen. Wo sich der Tumor im Gewebe der Patientin befindet und wie er eingebettet ist, ist ein Schlüssel für die Entwicklung weiterer neuartiger therapeutischer Ansätze zur Unterbrechung des Metastasierungsmechanismus. Eines der auffälligsten Merkmale ist dabei das Kollagen in der direkten Umgebung sowie die Konzentration von Eisen und Zink. Malte Mohme, Dozent für ZNS-Tumorimmunologie am UKE und Mitautor der Studie, erklärt: "Die Arbeit von Conceicao et al. unterstreicht die kritische Rolle der Metastasierung in der Neuroonkologie und konzentriert sich auf die systemische Ausbreitung von Brustkrebs. Durch den Einsatz moderner multimodaler Röntgen-Computertomographie zeigt die Studie, wie Veränderungen in der extrazellulären Matrix, insbesondere durch die Anreicherung von Zink und Eisen, die Metastasierung beeinflussen können. Die Erkenntnisse über Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) und Kollagen-Orientierung bieten ein neues Verständnis der Krebszellmigration und des Hirntumor-Homing, also eines komplexen, mehrstufigen Prozesses, bei dem Zellen von einem entfernten Ort zu einem Tumor wandern. Dieses Wissen ist für die Neuroonkologie von entscheidender Bedeutung, da es Wege für gezielte Therapien zur Unterbrechung metastatischer Prozesse eröffnet. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der detaillierten Zusammensetzung der extrazellulären Matrix für das Verständnis der Metastasierung, was zu einer Verbesserung der Ergebnisse bei Patienten mit Hirnmetastasen führen könnte.
Sylvio Haas, Beamline-Manager der PETRA III-Beamline P62 und Mitautor der Studie, unterstreicht den einzigartigen Versuchsaufbau mit Röntgenkleinwinkelstreuung-Tensortomographie (SAXS-TT) und Röntgenfluoreszenz-Computertomographie (XRF-CT). In Zukunft werden Bilder mit höherer Auflösung möglich sein, insbesondere mit PETRA IV, der Weiterentwicklung von PETRA III. Obwohl der vorgeschlagene Bildgebungsansatz derzeit auf hochmodernen Instrumenten und beträchtlichen Ressourcen beruht, ist André Conceição optimistisch, was die weitere Entwicklung des Systems angeht. Die zu erwartenden Fortschritte bei der Instrumentierung und beim maschinellen Lernen haben das Potenzial, die Datenerfassung zu beschleunigen und den 3D-Rekonstruktionsprozess zu verbessern, so dass die innovative Bildgebungstechnik in einem breiteren Spektrum von Labors und klinischen Einrichtungen eingesetzt werden kann. Diese Forschungsarbeit fördert nicht nur das Verständnis der Metastasierung von Brustkrebs, sondern unterstreicht auch die Bedeutung der Entwicklung neuer therapeutischer Strategien in der neurochirurgischen Onkologie.
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