Innovatives Materialsystem für Forschung, Klinik und Ausbildung
Medizinische Phantome sind für die Ausbildung und Forschung unerlässlich. Unter anderem helfen sie Ärztinnen und Ärzten dabei, klinische Fertigkeiten zu trainieren oder bei der Vorbereitung komplexer Operationen. Forschenden des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist es gelungen, ein kostengünstiges Hydrogel-System zu entwickeln, das den physikalischen Eigenschaften von Körpergewebe sehr nahekommt.
Das Material lässt sich zudem für Computertomografie- und Ultraschalluntersuchungen nutzen. Bislang fehlten medizinische Phantome, mit denen dies möglich war.
Die interdisziplinäre Entwicklung ging aus dem Forschungsprojekt „OP der Zukunft“ hervor, das durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung mit 3,4 Millionen Euro gefördert wurde, und wird im Rahmen von TWIN-WIN fortgeführt, für das Digitalisierungsminister Dirk Schrödter im August einen Förderbescheid über 950.000 Euro überreicht hat. Beide Projekte entstanden unter dem Lead des Kurt-Semm-Zentrums für roboterassistierte Chirurgie am UKSH, Campus Kiel, und festigen den Ruf Schleswig-Holsteins als innovativer Standort für High-Tech-Medizin.
Im Rahmen dieser Projekte und unter der Federführung des Instituts für Materialwissenschaft gelang es einem Team der Kliniken für Strahlentherapie und für Nuklearmedizin sowie des Instituts für Informatik ein Hydrogel-System zu entwickeln, dessen Besonderheit seine ungiftige und lebensmittelbasierte Zusammensetzung aus Natriumalginat und Kokosfett ist. Hydrogele sind wasserreiche Polymere, die sich ideal für realistische Übungsphantome eignen. Durch gezielte Anpassung lassen sich die mechanischen und bildgebenden Eigenschaften individuell steuern.
Über die Verwendung für Forschungszwecke hinaus können Phantome hergestellt werden, die sich für die klinische Ausbildung in der Bildgebungsmethodik oder für die Kalibrierung von Computertomografen eignen. Auch für die OP-Planung bergen Phantome, die auf Grundlage von individuellen CT-Scans hergestellt werden, ein großes Anwendungspotential, zumal solche Phantome bisher aufgrund hoher Kosten und aufwändiger Herstellungsprozesse nur schwer realisierbar waren. In der Strahlentherapie können zum Beispiel Organverformungen bei der Bestrahlungsplanung nachgestellt und das Ergebnis mit CT-Bildgebung am Bestrahlungsgerät validiert werden. Ebenso kann das Platzieren von Hohlnadeln in der Brachytherapie der Prostata, bei der winzige radioaktive Partikel zur Tumortherapie eingesetzt werden, mit solchen Phantomen unter Ultraschall- und Röntgensicht trainiert werden.
„Das kostengünstige und in seiner Festigkeit skalierbare Material könnte in der chirurgischen und radiologischen Ausbildung und in der Operationsplanung ganz neue Impulse setzen und das Fundament für die Chirurgie von morgen legen“, sagt Dr. Leonard Siebert, Gruppenleiter am Institut für Materialwissenschaft.
PD Dr. Ulf Lützen, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin, ergänzt: „Die Neuentwicklung öffnet die Tür für zahlreiche Innovationen in Forschung, Klinik und Ausbildung und zeigt die Stärke der gelebten interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen dem UKSH und der Technischen Fakultät am Standort Kiel.“
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